Als Kind habe ich immer geschrieben. Bis heute habe ich die Kisten voller loser, vollgekritzelter Zettel behalten, auf denen ich mir die wildesten Geschichten ausmalte. Nach jeder neu gefüllten Seite lief ich stolz ins Wohnzimmer, um meine Eltern das neuste Kapitel lesen zu lassen (sofern sie meine Krakel entziffern konnten). Ich blieb nie lange bei einer Geschichte – zwar hatte ich alle Charaktere lebhaft vor Augen und hatte meistens schon den Plot für diesen und mindesten drei Folgebände entwickelt, aber immer kam eine neue Idee dazwischen. Das hing sicherlich auch damit zusammen, dass ich mich bei meinen Themen immer von meinen derzeitigen Lektüren inspirieren ließ: las ich einen Pferderoman, musste ich übers Reiten schreiben, fing ich nach ein paar Wochen ein Buch über Meerjungfrauen an, interessierte ich mich plötzlich brennend für Fabelwesen im Ozean. Mein persönlicher Höhepunkt war die Geschichte über die Zwillinge Lenny und Jenny, die ich schrieb, nachdem ich Hanni und Nanni ausgelesen hatte (ich stritt vehement ab, dass meine Idee geklaut war). Eins aber stand am Anfang eines jedes Textes, den ich verfasste: die Begeisterung fürs Schreiben.
Diese Begeisterung ist nie verschwunden, und mit den Jahren habe ich sogar heraus gefunden, dass man sich nicht am geistigen Eigentum anderer bereichern muss, um ihr nachzugehen. Ich habe ein kleines Universum in meinem Kopf entwickelt, in dem ich die Gesetze mache, in dem alles ästhetisch und harmonisch und gerecht ist, in dem all meine Geschichten und Lieder und Gedichte und Bilder so real sind wie dieser Text.
Aber sie sind es nicht, denn sie sind nur in meinem Kopf.
So viel ich auch meinem Kindheitsich voraus haben mag, ich habe eins verlernt. Ich lasse mich nicht mehr von Begeisterung, sondern von Angst leiten. Angst, mich nicht nur vor den Anderen, sondern auch vor mir selbst lächerlich zu machen. Was, wenn ich es nicht schaffe, meine Ideen umzusetzen? Was, wenn ich bei dem Versuch, mein kleines Universum für andere zugänglich zu machen, versage? Was, wenn ich nicht die Person bin, für die ich mich immer gehalten habe?
Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du nicht scheitern wirst?
Dann würde ich das hier tun. Aus reinem Begeisterungsgefühl heraus etwas auf die Beine stellen. Wieder schreiben und malen und singen, ohne mir Gedanken machen zu müssen, was dabei rauskommt. Mich selbst nicht so ernst nehmen.
Scheitern lässt sich dabei nicht ausschließen, sondern ist vielmehr vorprogrammiert. Das heißt aber nicht, dass ich mich davon abhalten lassen muss. Es ist unheimlich, Teile meines kleines Universums in die Welt hinaussetzen, wo alle sie sehen und bewerten können, aber genau das will ich tun. Also tue ich es jetzt. Das hier ist der Anfang.
4 Kommentare
Dein Blog ist eine Bereicherung! Du sprichst mir einfach aus dem Herzen. Danke!
Hey 🙂 ich wollte schon sehr lange einen Blog starten, ganz einfach so und garnicht in einem sehr anderen Stil als du es tust. Ich finde das hier sehr inspirierend und habe mich durch alles einmal durchgeklickt und muss sagen du motivierst mich diese vielen Poetryslams, Gedanken und kleinen Kreationen endlich nach da draußen zu schicken und vor allem Zeit (die muss es doch irgendwo geben in unserer generation) haha dafür zu finden.
Danke für deine interessanten und inspirierenden Beiträge.
🙂 und liebe Grüße
Ganz lieben Dank für diesen Kommentar! Ich gebe dir Recht, man kann und muss eigentlich die Zeit für Dinge wie diese finden. Im Moment scheitere ich auf dieser Plattform auch ein bisschen damit… aber zu seiner Zeit werde ich da auch wieder reinkommen, und ich wünsche dir das selbe. Schreib hier doch nochmal, falls du mal was startest!
Es ist so schön wie ich während dem Lesen deines Textes merke, wie sehr ich mich damit identifizieren kann!
Speziell mit der Zwillingsgeschichte ist es mir so gegangen: mein erstes „Buch“ – 23 Seiten in Schriftgröße 20 – handelte von den Zwillingen Lili und Lola aber wow niemals hätte ich zugegeben, dass die Idee nicht von mir war.
Ich liebe deine Posts, mach bitte weiter so!!